ABC-Etüden 40-44.23 – Blickfeld


Bild von Roland Steinmann auf Pixabay

Blickfeld

„Karl-Heinz, du hast dir so eine grobe Sprache angewöhnt. Das finde ich wirklich nicht gut!

Versuch doch bitte, wieder auf ein normales anständiges Maß herunter zu kommen.“

„Ach Erna, weißt du, bei den Schreckensnachrichten und bei so viel Gewalt um uns herum, da muss man doch etwas deutlicher werden. Krieg hier, Geiseln dort, Inflation und jetzt wird auch noch wieder die Mehrwertsteuer auf die Gaspreise vorzeitig erhöht. Wie sollen wir das denn alles bezahlen von unserer kargen Rente? Da fällt mir nur eines ein: furzen, bis die Lampe brennt.“

„Karl-Heinz!!! Hast du mir wieder mal nicht zugehört!? Was habe ich dir gerade gesagt?“

„Erna, jetzt kehr bloß nicht ein weiteres Mal deine Rolle als ehrenamtliche Hilfs-Lehrerin für die Unterweisung von Flüchtlingskindern raus. Und sei doch mal ehrlich: wir werden doch wieder ganz schön überrollt! Oder hast du etwas gehört von Teuerungsausgleich für Rentner?  Für die Beamten wird gesorgt und die Sozialverbände wie Rot-Kreuz sind auch schnell bei der Hand, ihren Mitarbeitern Zusatzzahlungen zu gewähren. Aber wir? Ich mache schon das halbe Jahr Sonderschichten bei dem Fahrdienst für behinderte Kinder, damit wir überhaupt über die Runden kommen. Mein Leben lang habe ich in die Hände gespuckt, damit wir einigermaßen durchkommen. Wie das so ist bei uns kleinen Leuten. Diejenigen aber, die mit Papas Hilfe studiert und nach Wohlstand geguckt haben, ja, die haben ihr Vermögen solange vermehrt, bis dieses für sie arbeitet. Und dann haben sie den Blick für uns verloren und schwafeln von Leistungsgerechtigkeit. Dabei rackert sich die halbe Nation für Mindestlohn ab! Wer von denen, frag ich dich, haucht uns denn noch ein wenig Hoffnung für die Zukunft ein??“

(270 Worte)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

5 Comments

  1. Irgendwann verlieren auch Kraftausdrücke ihre Kraft, lieber Werner. Und wirkliche Hoffnung ist ein rares Gut dieser Tage.
    Danke für die Etüde, allerdings schlägt sie mir auf den Magen.
    Abendgrüße 🍷🍪

    1. Kraftausdrücke sind m.E. immer Zeichen von Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung, und das wollte ich bewusst machen. Auch, weil es oft nur eine Vorstufe ist, bis es zur Explosion kommt. Und das Brodeln hören wir ja im Moment schon deutlich genug.

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