Der Dienstag Dichtet – Neulich

Der Beitrag von letzter Woche war mein 300stes Gedicht, welches ich seit erster Teilnahme bei Kathas Gedichte-Dienstag am 11.6.2009 gepostet habe.

Heute also Nummer 301.

Neulich

 

Ich schellte an der Tür

Petrus öffnete mir

er schaute mich an

als hätte er schon

vierhundert Jahre

auf mich warten müssen

Komm rein sagte er zu mir

dann können wir zusammen

frühstücken

Magst du Croissants

und Rührei?

 

Nein sagte ich

Ich habe nie gefrühstückt

 

Dann trinke aber wenigstens

eine Tasse Tee mit mir

 

Er schaute mich so erwartungsvoll an

ich konnte es nicht abschlagen

und folgte ihm in den Salon

die Möbel waren verhangen

auf den Tüchern lag der Staub der Jahrhunderte

er pustete den Esstisch frei

das Rührei war kalt

und von Schimmel überzogen

 

Unsere guten Köche sind uns weggelaufen

versuchte er zu scherzen

und Achtung

setzt dich nicht auf jenen Stuhl dort

das Geflecht hält nicht mehr

 

Ich sehe kein Bild von IHM

sage ich

Wir durften es nicht aufhängen damals

ER hatte Angst

es würde vergilben

und den Blick auf ihn verändern

 

Falsche Blicke können unsichtbar machen

Sagte ER immer

und niemand wüsste

wann SEIN Wecker klingelt

 

Zucker für den Tee?

meinte er noch kurz vor dem Abschied

und versank in seinem Plüschsessel

mit einem schnellen Blick

konnte ich nur noch

seine roten Schuhe erhaschen.